Die Vermögenssteuer stellt eine direkte Steuer auf das Gesamtvermögen von Personen und Unternehmen dar und ist eine der wesentlichen Substanztsteuern. Ihre Geschichte reicht in Deutschland weit zurück, wo sie von 1923 bis 1996 erhoben wurde, während sie in Österreich in der gegenwärtigen Steuerlandschaft nicht existiert. Diese Steuerform richtet sich nach dem Nettovermögen der Steuerpflichtigen, also dem Vermögen abzüglich eventueller Schulden, und ist in Deutschland durch das Vermögensteuergesetz geregelt, obwohl sie derzeit nicht aktiv erhoben wird. In Österreich, wo keine allgemeine Vermögenssteuer existiert, bleibt ihre Einführung ein heiß diskutiertes und umstrittenes Thema.
In Deutschland wird die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aufgrund zunehmender wirtschaftlicher Ungleichheiten und als Mittel zur Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit debattiert. Trotz ihrer Aussetzung bleibt das Vermögensteuergesetz bestehen, was die Möglichkeit einer zukünftigen Wiedereinführung offenlässt. In Österreich konzentriert sich die Abgabenlast stark auf das Arbeitseinkommen, daher wird die Einführung einer Vermögenssteuer als Instrument zur Reduzierung sozialer Ungleichheiten und zur gerechteren Verteilung der Steuerlast diskutiert. Die Forderungen nach einer solchen Steuer sind im Kontext der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich und der Armutsgefährdung in der Bevölkerung zu sehen. Beide Länder stehen somit vor der Herausforderung, ein Steuersystem zu entwickeln, das sowohl wirtschaftliche Effizienz als auch soziale Gerechtigkeit gewährleistet.
Der Ursprung der Vermögenssteuer in Deutschland lässt sich bis zum Preußischen Ergänzungssteuergesetz von 1893 zurückverfolgen. Diese frühe Form der Vermögensbesteuerung wurde später durch verschiedene Steuerinitiativen ergänzt, darunter der Wehrbeitrag (1913) und die Kriegsabgabe (1918), die in der Weimarer Republik fortgesetzt wurden. In ihrer Grundform überstand die Vermögenssteuer historische Veränderungen durch die Weimarer Republik, die Zeit des Nationalsozialismus und die unmittelbare Nachkriegszeit unter dem Alliierten Kontrollrat. Das Vermögensteuergesetz, wie wir es heute kennen, wurde 1952 verabschiedet und zuletzt 1974 aktualisiert. Ein bedeutender Wendepunkt in der Geschichte der Vermögenssteuer in Deutschland war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995, das ihre Erhebung in der damaligen Form für verfassungswidrig erklärte. Dies führte 1997 zur Aussetzung der Steuererhebung, obwohl das Gesetz selbst nicht aufgehoben wurde. Die Diskussion über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer bleibt bis heute ein aktuelles politisches Thema.
Ein zentraler Moment in der Geschichte der Vermögenssteuer in Deutschland war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995. Dieses Urteil hatte weitreichende Auswirkungen auf die Ausgestaltung und letztendlich die Existenz der Vermögenssteuer. Das Gericht erklärte, dass die damalige Form der Vermögenssteuer nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar sei. Insbesondere wurde bemängelt, dass Immobilienvermögen gegenüber anderen Vermögensarten bevorzugt behandelt wurde. Zudem entschied das Gericht, dass nur der aus dem Vermögen erzielbare Ertrag, der sogenannte Sollertrag, steuerlich herangezogen werden dürfe, und nicht die Substanz des Vermögens selbst.
Als Reaktion auf dieses Urteil entschied sich die damalige Bundesregierung, die Erhebung der Vermögenssteuer auszusetzen, anstatt die Bewertungsgrundlagen zu ändern und Immobilien höher zu besteuern. Diese Entscheidung wurde teilweise auch durch den damals hohen Spitzensteuersatz der Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag beeinflusst. Das Vermögensteuergesetz selbst wurde jedoch nicht aufgehoben, was theoretisch eine Wiederaufnahme der Steuererhebung unter geänderten Bedingungen erlauben würde. Diese Aussetzung der Vermögenssteuer bleibt bis heute bestehen, und ihre mögliche Wiedereinführung ist Gegenstand anhaltender politischer Diskussionen und Debatten.
In Österreich hat die Vermögenssteuer eine andere historische Entwicklung genommen. Eine allgemeine Vermögenssteuer, wie sie in Deutschland existierte, wurde in Österreich nie in ähnlicher Form etabliert. Stattdessen gab es spezifische Formen der Vermögensbesteuerung, darunter die Erbschaftssteuer, die allerdings 2008 vom Verfassungsgerichtshof gekippt wurde und seither nicht wieder eingeführt wurde. In den 1990er Jahren, speziell 1993, wurde die bestehende Vermögenssteuer durch den damaligen SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft. In den letzten Jahren ist jedoch eine zunehmende Debatte über die Einführung einer Vermögenssteuer oder einer “Millionärssteuer” zu beobachten. Diese Diskussion spiegelt die wachsenden sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten in Österreich wider und unterstreicht die Forderung nach einer gerechteren Verteilung der Steuerlast im Land.
In Deutschland ist die Debatte um die Wiedereinführung der Vermögenssteuer geprägt von der zunehmenden Sorge um soziale Gerechtigkeit und die Verringerung wirtschaftlicher Ungleichheiten. Befürworter argumentieren, dass eine erneuerte Vermögenssteuer zur Umverteilung von Reichtum beitragen und somit die soziale Kluft verringern könnte. Sie sehen darin ein Instrument, um höhere Einnahmen für den Staat zu generieren, die dann in soziale Programme, Bildung und Infrastruktur investiert werden könnten. Die Idee einer progressiven Besteuerung, bei der höhere Vermögen stärker besteuert werden, steht im Vordergrund der Argumentation für mehr soziale Gerechtigkeit.
Jedoch stößt die Wiedereinführung der Vermögenssteuer auch auf Widerstand. Kritiker befürchten negative wirtschaftliche Auswirkungen, wie Kapitalflucht und eine mögliche Beeinträchtigung der Investitionsbereitschaft. Ein weiteres Argument gegen die Vermögenssteuer ist die Komplexität ihrer Erhebung und die damit verbundenen Verwaltungskosten. Die Frage der gerechten Bewertung von Vermögenswerten, insbesondere bei Immobilien und Betriebsvermögen, bleibt eine Herausforderung.
In Österreich, wo derzeit keine allgemeine Vermögenssteuer existiert, wird die Einführung einer solchen Steuer zunehmend diskutiert. Befürworter sehen in der Vermögenssteuer ein Mittel zur Verringerung der sozialen Ungleichheit und zur Erhöhung der Steuergerechtigkeit. Sie argumentieren, dass die derzeitige Steuerlast unverhältnismäßig auf Arbeitnehmern lastet, während Vermögende weniger beitragen. Eine Vermögenssteuer könnte hier einen Ausgleich schaffen und zur Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen und sozialer Sicherungssysteme beitragen.
Die Einführung einer Vermögenssteuer in Österreich stößt jedoch ebenfalls auf Widerstand. Kritiker äußern Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit und Effizienz einer solchen Steuer. Ähnlich wie in Deutschland werden potenzielle negative wirtschaftliche Auswirkungen, die Komplexität der Erhebung und die Gefahr der Kapitalflucht angeführt. Darüber hinaus gibt es rechtliche und politische Hürden, die eine Einführung erschweren. Die Debatte wird weiterhin von unterschiedlichen politischen Perspektiven und Interessen geprägt, wobei die Diskussion über die gerechte Verteilung der Steuerlast im Zentrum steht.
In der Diskussion um die Vermögenssteuer spielen Steuersätze, Freigrenzen und das potenzielle Steueraufkommen eine zentrale Rolle.
Bevor die Vermögenssteuer 1997 ausgesetzt wurde, betrug der Steuersatz in Deutschland ab 1995 ein Prozent für natürliche Personen, mit einem Freibetrag von 120.000 DM (etwa 61.355 Euro) pro Familienmitglied. Für land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Betriebsvermögen galt ein reduzierter Satz von 0,5 %. Körperschaften unterlagen einem Steuersatz von 0,6 %. Bemerkenswert ist, dass ausländische Vermögenssteuern auf die deutsche Steuer angerechnet werden konnten. Die Bemessungsgrundlage der Vermögenssteuer umfasste das Gesamtvermögen nach Abzug von Schulden.
Hinsichtlich des potenziellen Steueraufkommens bei einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer gibt es verschiedene Schätzungen. Beispielsweise kam das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Studie zu dem Schluss, dass bei einem persönlichen Freibetrag von einer Million Euro und einem Steuersatz von 1 % ein Aufkommen von 14 Milliarden Euro jährlich erzielt werden könnte. Andere Szenarien variieren in der Höhe der Freibeträge und des Steuertarifs, mit geschätzten Einnahmen zwischen 11 und 25 Milliarden Euro jährlich.
In Österreich, wo derzeit keine Vermögenssteuer erhoben wird, wird über verschiedene Modelle diskutiert. Ein Vorschlag, bekannt als „Millionärssteuer“, würde erst bei einem Nettovermögen von über einer Million Euro greifen. Die genauen Steuersätze und Freibeträge für ein solches Modell sind jedoch Gegenstand politischer Diskussionen und noch nicht konkretisiert. Insgesamt liegt der Anteil der Vermögenssteuern an allen Steuereinnahmen in Österreich mit 1,8 Prozent weit unter dem EU-Durchschnitt von 5,5 Prozent. Dies unterstreicht das potenzielle Aufkommen, das durch die Einführung einer Vermögenssteuer erzielt werden könnte, insbesondere in Anbetracht der wachsenden sozialen Ungleichheiten im Land.
In beiden Ländern ist das potenzielle Steueraufkommen aus der Vermögenssteuer ein wichtiges Argument in der Debatte, wobei die genauen Auswirkungen von der konkreten Ausgestaltung der Steuer abhängen würden.
Die Debatte über die Vermögenssteuer ist nicht nur eine Frage der Wirtschaft, sondern auch tief in politischen Ideologien und internationalen Praktiken verwurzelt.
In Deutschland unterscheiden sich die Meinungen zur Vermögenssteuer stark entlang der politischen Linien. Parteien wie SPD, Grüne und Die Linke befürworten in der Regel die Wiedereinführung der Vermögenssteuer als Mittel zur Erhöhung der Steuergerechtigkeit und zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit. Sie argumentieren, dass höhere Steuereinnahmen aus der Vermögenssteuer zur Finanzierung öffentlicher Dienste und sozialer Programme beitragen könnten. Konservative Parteien wie CDU/CSU und FDP hingegen tendieren zu einer ablehnenden Haltung gegenüber der Vermögenssteuer, wobei sie potenzielle negative wirtschaftliche Auswirkungen, wie Investitionshemmnisse und Kapitalflucht, ins Feld führen. Sie betonen die Notwendigkeit, Leistungsträger und Unternehmen nicht übermäßig zu belasten.
Ähnliche politische Linien finden sich auch in Österreich. Linke und progressive Parteien unterstützen die Einführung einer Vermögenssteuer, während konservative Kräfte eher dagegen sind. Die Debatte konzentriert sich hier auf die gerechtere Verteilung der Steuerlast und die Notwendigkeit, soziale Ungleichheit zu verringern. Allerdings sind die Diskussionen in Österreich durch die Abwesenheit einer allgemeinen Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer noch stärker geprägt von der Frage der grundsätzlichen Einführung solcher Steuern.
Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit der Aussetzung seiner Vermögenssteuer im Kontrast zu vielen anderen Ländern, die aktive Vermögenssteuern erheben. Beispielsweise haben Länder wie Frankreich, die Schweiz und Spanien unterschiedliche Formen der Vermögenssteuer, wobei die Steuersätze und Freigrenzen variieren. In der Schweiz beispielsweise wird die Vermögenssteuer auf kantonaler Ebene erhoben und umfasst ein breites Spektrum an Vermögenswerten. Frankreich hat kürzlich seine Vermögenssteuer umstrukturiert, um sich auf Immobilienvermögen zu konzentrieren.
Diese internationalen Modelle bieten verschiedene Ansätze zur Gestaltung einer Vermögenssteuer und zeigen die Bandbreite an Möglichkeiten, wie Vermögenssteuern zur Finanzierung staatlicher Ausgaben beitragen können, während sie gleichzeitig versuchen, wirtschaftliche Effizienz und Gerechtigkeit zu wahren. Solche Beispiele dienen oft als Referenzpunkte in der deutschen und österreichischen Debatte, um die Vor- und Nachteile einer Vermögenssteuer zu beleuchten.
Die öffentliche Meinung zur Vermögenssteuer hat sich in den letzten Jahren deutlich entwickelt, besonders im Kontext steigender sozialer Ungleichheit und wirtschaftlicher Unsicherheit. In Deutschland ist die Unterstützung für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer gestiegen. Repräsentative Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine stärkere Besteuerung hoher Vermögen befürwortet. So ergab eine Umfrage im Dezember 2019, dass 72 % der Befragten eine Vermögenssteuer unterstützen, ein Anstieg von 35 % im Jahr 2007. Diese Ergebnisse spiegeln ein wachsendes Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit und die Notwendigkeit einer gerechteren Verteilung des Reichtums wider.
In Österreich zeigt sich ein ähnliches Bild. Eine Studie des Sora-Instituts ergab, dass zwei Drittel der Menschen in Österreich eine Steuer auf große Vermögen befürworten. Diese hohe Zustimmung deutet auf ein starkes öffentliches Interesse an einer gerechteren Steuerpolitik und der Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich hin.
In beiden Ländern reflektiert die öffentliche Meinung somit eine zunehmende Sensibilität für wirtschaftliche Ungleichheit und die Rolle der Steuerpolitik bei der Adressierung dieser Herausforderungen.