Im Grünen, mit Garten und vielleicht noch ein Pool dazu und trotzdem in der Nähe einer Großstadt wohnen. Immer mehr Menschen zieht es in den sogenannten Speckgürtel. Corona und das damit einhergehende Homeoffice haben den Drang noch einmal verstärkt. Wieso in der brütenden Hitze der Großstadt wohnen und täglich im Stau stehen, wenn es doch ganz anders geht?
Das Wiener Umland zählt schon länger zu den am stärksten wachsenden Regionen Österreichs. Der Speckgürtel rund um die österreichische Bundeshauptstadt ist besonders bei der Mittelschichtsbevölkerung beliebt. Gemietet wird dabei eher weniger, sondern oftmals ein Grundstück erworben. Preislich hat sich hier in den vergangenen Jahren einiges getan – teilweise kam es zu einer Verdoppelung der Quadratmeter-Preise im Laufe der 2010er-Jahre.
Am teuersten ist der Baugrund im Wiener Umland in Perchtdolsdorf. Laut einem Report der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD aus dem Jahr 2018 werden hier durchschnittlich 543,40 Euro pro Quadratmeter fällig. Teuer ist es auch in Maria-Enzersdorf (durchschnittlich 501 Euro pro Quadratmeter), Mödling (459 Euro pro Quadratmeter), Gumpoldskirchen (436 Euro), Baden (411 Euro pro Quadratmeter) und Korneuburg (409 Euro pro Quadratmeter).
Die Preisentwicklung in genannten Bezirken ist vorrangig auf das geringe Angebot und die hohe Nachfrage zurückzuführen. Grundstücke und Einfamilienhäuser sind nur sehr wenige auf dem Markt zu finden. Um diese bemühen sich dann sowohl private Käufer als auch Bauträger. Gegenüber dem STANDARD schildert eine Immobilienmaklerin etwa, dass die Corona-Krise zu einer Preissteigerung um 15 bis 20 Prozent gesorgt hat.
Besonders wichtig sind den Käuferinnen und Käufern neuerdings Freiflächen. Die Wohnfläche rückt dabei zunehmend in den Hintergrund – viel wichtiger ist es mittlerweile, wie groß der Garten des Grundstücks ist. Doppelhaushälften und Reihenhäuser haben ebenso ordentlich an Popularität dazugewonnen. Auch diese seien deutlich gefragter als noch vor dem Ausbruch der Corona-Krise.
Obwohl viele Firmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermehrt die Möglichkeit zum Homeoffice einräumen, spielt die Mobilität abseits des Autos im Speckgürtel eine bedeutende Rolle. Ein Bahnhof in unmittelbarer Nähe ist für viele Käuferinnen und Käufer ein gewichtiger Faktor. Die starke Preisentwicklung hat aber auch dazu geführt, dass Interessierte mittlerweile eine größere Distanz in Kauf nehmen. 45 bis 50 Minuten nach Wien sind für viele noch vertretbar.
Herausforderungen gibt es aber dennoch. Expertinnen und Experten gehen etwa davon aus, dass im Großraum Wien bis 2030 rund drei Millionen Menschen leben werden. Eine intensive Stadt- und Verkehrsplanung zwischen Wien und Niederösterreich sind daher absolut notwendig. Zudem gibt es immer mehr Stimmen, dass es ökologischere Siedlungsstrukturen zum Einfamilienhaus braucht. Diese machen nach wie vor 25 Prozent des gesamten Bauvolumens in Österreich aus.
Ob der starke Zuzug in den Wiener Speckgürtel weiter anhält, wird sich weisen. Generell tanzt hier Wien nicht aus der Reihe – auch in anderen Großstädten in Österreich und Deutschland ist dieser Trend klar zu beobachten. Bereits vor Corona gab es eine große Nachfrage nach dem nahestädtischen Haus im Grünen. Die Pandemie hat die Entwicklung nur noch einmal beschleunigt.